Kompetenzentwicklung und Wissensmanagement in einem Consulting-Unternehmen

Reinhard Heggemann im Interview mit Dr. Johannes Lagemann über die Herausforderungen an die Kompetenzentwicklung und das Wissensmanagement in einem international agierendem Consulting-Unternehmen.

Reinhard Heggemann
Herr Lagemann – die GFA-Consulting-Group wurde 1982 von Ihnen und Ihrem früheren Partner gegründet. Sie sind noch heute im Beirat der Firma tätig und verfolgen auch als Gesellschafter weiterhin die Entwicklung Ihrer Firma. Das Unternehmen organisiert und betreut international Projekte und beschäftigt heute ca. 500 feste und ca. 100 freie Mitarbeiter/innen in Deutschland sowie ca. 900 Mitarbeiter/innen in Projekten in Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika. Bis Ende 2008 waren Sie Geschäftsführer und haben maßgeblich zum Erfolg des Unternehmens beigetragen. Vor welchen Herausforderungen stehen Consulting-Unternehmen in Ihrer Branche heutzutage?

Dr. Johannes Lagemann
Die Märkte unterliegen einem ständigen Wandel, das war schon früher so, aber die Geschwindigkeit hat sich erhöht. Die Themen oder auch Geschäftsfelder verändern sich und das dafür notwendige Know-how in Form von „Methoden und Konzepten“ muss immer wieder erarbeitet und verbessert werden. Das Kern-Know-how der Firma in den Bereichen „Planung, Steuerung und Kontrolle von Projekten“ sollte durch ein Innovationsmanagement jeweils auf den neuesten Stand gebracht werden. An diesem Prozess müssen sich alle Mitarbeiter/innen der Firma beteiligen.

Reinhard Heggemann
Für Consultants ist das Wissen die wichtigste Ressource. Wie wird Wissen generiert und weiterentwickelt?

Dr. Johannes Lagemann
Grundsätzlich wird neues Wissen nach Themenfeldern in Arbeitsgruppen  systematisch erfasst, in Methoden und Produkte bzw. Prozesse umgesetzt und für alle Angestellten verfügbar gemacht. Das Team in den jeweiligen Arbeitsgruppen tauscht Informationen über technische Innovationen mit Marktrelevanz für die Firma untereinander aus, ist aktiv in fachspezifischen Netzwerken tätig und bahnt Kooperationen mit fachlich interessanten Partnern an. Ergänzend kommen evtl. Konkurrenzanalysen hinzu, aus denen sich fachliche Schnittstellen im Markt ergeben können.

Reinhard Heggemann
Damit die Consultants auf dem bestmöglichen Wissensstand sind, müssen sie ihre Kompetenzen permanent weiterentwickeln. Was muss das Unternehmen dafür tun?

Dr. Johannes Lagemann
Ich denke, dass in diesem Zusammenhang eine innovationsförderliche Unternehmenskultur wichtig und fast eine Voraussetzung für ein funktionierendes Wissensmanagement ist. Darunter verstehe ich eine Kommunikationskultur, die formelle aber auch informelle Kommunikation fördert, eine Teamkultur, die ein offenes Arbeiten in der Gruppe ermöglicht (sind Aufgaben geklärt und akzeptiert? Wie geht das Team mit Konflikten um?), eine Fehlerkultur, die Fehlermachen nicht sanktioniert und schließlich eine Lernkultur, die betriebliche Weiterbildung ermöglicht, die Anreize zum Lernen gibt und die das Erlernte, also das Wissen, zugänglich macht.

Reinhard Heggemann
Ich stelle mir vor, dass bei einem weltweit agierenden Unternehmen ein hoher Aufwand an Organisation notwendig ist, damit alle Abläufe optimal funktionieren. Welche Voraussetzungen müssen dafür geschaffen werden und welche Rolle spielt das Wissensmanagement dabei?

Dr. Johannes Lagemann
Das alle Abläufe, bzw. Geschäftsprozesse optimal verlaufen ist sicherlich eine Wunschvorstellung, aber die Zielsetzung sollte sein, die Prozesse, die technische IT-Infrastruktur und das im Unternehmen vorhandene Know-how auf die Ziele der Firma auszurichten. Es gibt in unserem Unternehmen, wie vorhin geschildert, eine bewährte Form des Wissensaustausches. Ohne ein Arbeiten in fachlichen Teams mit Know-how-Trägern aus unterschiedlichen Disziplinen wäre das Unternehmen nicht überlebensfähig. Wissen ist meist an Personen gebunden, sie sind die Wissensträger, die ihre Erfahrungen und ihr Wissen in Arbeitsgruppen austauschen und in Wissensportalen verfügbar für andere machen. Auch hier ergeben sich viele Fragen: wo und wie werden Informationen und Dokumente gespeichert und für wen verfügbar gemacht? Auch das Thema Datensicherheit spielt hier eine große Rolle.

Reinhard Heggemann
Auf welcher Ebene findet aus Ihrer Sicht der größte Wissensaustausch statt – über technische Systeme oder face-to-face?

Dr. Johannes Lagemann
Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten. Beim persönlichen bi-lateralen Austausch wie auch in den vielen Arbeitsgruppen geht es um eine face-to-face Übertragung von Wissen, das für unser Unternehmen, aber sicherlich auch für viele andere Unternehmen, von zentraler Bedeutung ist. Daneben verfügen wir über ein umfangreiches Dokumentenzentrum, auf das schnell zugegriffen werden kann. Weiterhin hat in den letzten Jahren die Menge an unstrukturierten Daten im öffentlichen Netz zugenommen, die mit dem Einsatz moderner Informationstechnologie genutzt werden kann.

Reinhard Heggemann
Was würden Sie Unternehmern mitgeben, wenn Sie an die Kompetenzentwicklung und das Wissensmanagement im Unternehmen denken?

Dr. Johannes Lagemann
Das Wissen aller Mitarbeiter/innen muss für die Weiterentwicklung der Firma in sich ständig verändernden Märkten noch besser und schneller genutzt werden. Die Ideen zu neuen Themen, Ansätzen, Methoden sind in thematischen Arbeitsgruppen zu identifizieren und sie sollten in digitaler Form für alle aufbereitet werden, so dass Zeit und damit Kosten eingespart werden können.

Reinhard Heggemann
Vielen Dank für die interessanten Einblicke, die ich in dem Gespräch gewonnen habe.

 


Die Interviewpartner

Reinhard Heggemann ist seit 13 Jahren als Unternehmensberater und Konzeptentwickler für Wissensmanagement und E-Learning tätig. Er entwickelt Lösungen, mit denen das Know-how und das für die tägliche Arbeit notwendige Prozesswissen sichtbar gemacht, strukturiert und für die Mitarbeiter verfügbar gemacht werden und wie das Unternehmenswissen durch eine strategische Kompetenzentwicklung erweitert und gepflegt werden kann.

 

 

Dr. Johannes Lagemann
Agrarökonom

  • Studium und Promotion an der Universität Hohenheim (1969 – 1974)
  • Auslandseinsätze im Rahmen von Projekten der Entwicklungszusammenarbeit in Nigeria, Kamerun und in Costa Rica von 1974 – 1982.
  • Gründung des Consultingunternehmens GFA im Jahr 1982.
  • Aufbau und Weiterentwicklung
    des Unternehmens in unterschiedlichen Geschäftsfeldern und mehreren Tochterunternehmen.
  • Ende 2008 Übergabe des Unternehmens im Rahmen eines Management-Buy-outs an die jüngere Führungsmannschaft.
  • Seit 2009 Mitglied des Beirats der GFA-Gruppe.
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